Leseecke — 18. Juli 2015 at 00:33

Bedeutung des Eid ul-Fitr (Fitr-Fest)

Bedeutung des ʿīd ul-Fiṭr [1]( Fitr-Fest)

Der heilige Monat Ramadan endet nun, auch wenn einige von seiner Anwesenheit nichts mitbekamen, fällt der Abschied doch für viele andere schwer. Denn wahrlich für denjenigen, der sich am Monat Ramadan erfreute und sich mit ihm anfreundete, ist der Monatsanfang von Schawwal ein schmerzlicher Abschied. Imam Sagad (a.) sprach im 45. Dua der Ṣaḥifa Al-Saǧādia über diese Trennung und sagte, dass dieser Abschied mit der Trennung von jemanden gleichzusetzen ist, dessen Abschied sehr schwer fällt und den zurückgelassenen in Trauer und Einsamkeit versetzt. Viele hohe Gelehrte pflegten es daher, nach dem Fest für einige Tage weiter zu fasten um somit ihren Abschiedsschmerz zu lindern und ihren Herzensfreund (Monat Ramadan) noch eine Weile begleiten zu können so wie man es auch bei einen nahestehenden Gast machen würde indem man ihm zu Tür oder gar zum Auto begleitet.
Gleichwohl ist der erste Tag von Schawwal auch einer von vier islamischen Festtagen und wird ʿīd ul-Fiṭr genannt. Aber was genau bedeutet ʿīd ul-Fiṭr ? Und was genau wird gefeiert ? Und ist es auch wirklich für jeden Muslim ein Fest?
Diese Fragen veranlassen uns dazu, dieses Thema etwas näher zu betrachten
Die Bedeutung von ʿīd[2]
Das Wort ʿīd stammt sprachlich gesehen vom arabischen Verb ʿāda[3] ab[4] und bedeutet soviel so wie wiederkehren oder zurückkehren. Im arabischen wird auch zu einem gebrochenen Ast, der wieder wächst und dadurch zu seinem vorherigen „Zustand“ zurückkehrt, ʿūd [5]gesagt[6]. Somit liegt rein sprachlich gesehen eine Assoziation zwischen den Begriffen Wiederkehren und Fest vor, denn immer wenn ein Land oder Volk von einem schlechten Zustand wie Abhnägigkeit oder Krieg zur Unabhängikeit und zum Frieden kehrten, wurde dies gefeiert. Auch heute werden beispielsweise die Rückkehr zur Unabhängigkeit in verschiedenen Länder als Feiertage erachtet. Es kann aber auch sein, dass die Assoziation in der jährlichen Wiederkehr des Feiertages begründet ist. Sicher ist jedenfalls, dass am ʿīd ul-Fiṭr eine Wiederkehr gefeiert wird. Wer oder was dabei genau wiederkehrt, wird durch den Begriff Fiṭr ersichtlich.

Bedeutung von Fiṭr

Der Begriff Fiṭr stammt vom Wort Faṭara [7]ab womit Formen von Öffnungen wie Risse, Spaltungen oder Einschnitte zum Ausdruck gebracht werden [8]so wie es auch in einigen Versen [9]oder im Hadtih: „Der Prophet stand ( für den Gottesdienst) solange, dass (die Haut) seiner Füße aufriss (Infaṭarat)“ mit verschiedenen Flexionen verwendet worden ist. Daher wird auch das Fastenbrechen beim Sonnenuntergang Ifṭār genannt, weil der Fastende für den Nahrungsverzehr seinen Mund öffnet
Demnach wäre ʿīd ul-Fiṭr die Rückkehr zur Erlaubnis seinen Mund für die Nahrungsaufnahme zu „öffnen“ und ist daher ein Fest des Essens.
Das Wort Fiṭr ist aber auch mit dem Begriff Al-Fiṭra[10] also die besondere Veranlagung des Menschen, die sich durch das starke Verlangen nach Gott und allen guten Dingen kennzeichnet, wortverwandt
Da der Fastende nach dem Monat Ramadan bestenfalls von allen Sünden gereinigt ist und seine Willensstärke bestmöglich gesteigert haben sollte, sehen viele Mystiker und Ethiklehrer den Festanlass dieses Tages im Fortschritt der Selbsterziehung und der Wiederkehr zur Reinheit der Fiṭra. Der Gottesdienst im heiligen Monat Ramadan bereinigte die Verschmutzungen der Fitra und ermöglichte es dem Muslim , zu seinem ursprünglichen Zustand zurückzukehren. Ein weiterer Festanlass liegt wohl auch in der Ähnlichkeit mit den Engeln, die der Fastende aufgrund seiner Abwendung von den Trieben und der Hinwendung Allahs, in diesen Monat erlangte. Allama Hassan Nagafi der Verfasser von Ġawāher Al-Kalām sagt:. „…Es genügt dem Monat Ramadan an Tugend, dass der Mensch aufgrund des Unterlassens vieler Sachen den Engel ähnlicher wird. Alleine schon, das Er vom Denken an seinen Bauch befreit wird, bringt ihn den Engel näher“ [11]Eine weiter Ähnlichkeit liegt auch darin, dass der Atem des Fastenden genau so wie der der Engel nichts als Lobpreisung sind und dies allein wäre eigentlich Grund genug um diesen Tag zu feiern.

Die Fitra Abgabe (Zakat Ul-Fitra) [12]Manifestation göttlicher Barmherzigkeit.
Der wahre Festanlass des ʿīd ul-Fiṭr wäre demnach die Rückkehr zu ursprünglichen Reinheit der Gott und gutwollenden Fitra und hiermit auch zur wahren Rangstufe des Menschen, die in seiner Stellvertreterschaft Gottes liegt. Der große Mystiker Ayatollah Schahbadi soll gesagt haben, Wenn ihr am ʿīd ul-Fiṭr zu eurer reinen Fiṭra gelangt, dann wird eure Kraft (eine Manifestation) von der Kraft des Erschaffer (Fāṭer) der Himmel und Erden sein. Da Gott kein materielles Wesen ist, wird seine Stellvertreterschaft auf Erden zwangsweise immateriell sein müssen. Sie besteht hierbei darin, dass der Mensch die Namen und Eigenschaften Gottes veräußert[13] und dies geht wiederum nur, wenn er sich von Sünden fern und somit seine Fiṭra rein hält. Die umfassendste Eigenschaft Gottes ist seine Barmherzigkeit, welche der Mensch an diesem Festtag besonders durch die verpflichtende Fiṭra- Abgabe an Bedürftige manifestiert. Sie bringt die erreichte Reinheit der Fiṭra sowie die Ungebundenheit an das Diesseits zum Ausdruck und spiegelt gleichzeitig die göttliche Barmherzigkeit zwischen den Gottesdienern wider. Diese Abgabe soll nicht etwa nur den Bedürftigen aushelfen, sondern auch den Menschen dazu verhelfen, seine Rolle als Stellvertreter Gottes erfolgreicher wahrnehmen zu können

Zusammenfassung

Auch wenn sprachlich gesehen der Festanlass aufgrund der Erlaubnis des Essens plausibler erscheint, kann die zweite Bedeutung als eine weitere und tiefere Auslegung verstanden werden. Da rein rechtlich gesehen die Erlaubnis zu Essen für jeden Muslim wiederkehrt und es somit jedem Muslim erlaubt ist seinen Mund zu „Öffnen“ um Nahrung zu verzehren könnte man sagen, dass dieser Tag Islam-rechtlich gesehen für alle Muslime als Fest gilt. Betrachtet man es aber aus ethischer Perspektive, so wäre die zweite Bedeutung zutreffender, denn moralisch gesehen gibt es nur für diejenigen einen Anlass zu feiern, die sich von Sünden fernhielten, hierdurch zu ihrer natürlichen Veranlagung wiederkehrten und daraufhin ihrer wahren Rangstufe als Stellvertreter Gottes näher kamen.In einer Überlieferungen von Imam Ali a heißt es auch, dass der ʿīd ul-Fiṭr nur für denjenigen ein Fest ist, dessen Fasten von Allah angenommen und für dessen Gebete Allah sich dankbar zeigte und das jeder Tag, an dem keine Sünden verrichtet werden , ein Festtag(ʿīd )ist[14], denn immer wenn sich der Mensch von Sünden enthält, erlangt er seine eigene Rückker zu Allah.

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[1] عيد الفطر

[2] عيد

[3] عاد

[4] Murtada Al-Zubaidi, Taǧ Al-ʿr’ūs, B.8, S.438

[5] عود

[6] Raġeb Al-Isfahani, Mufradat Alfaẓ ul Al-Qurān, S.352

[7] فَطَرَ

[8] Ibn Manzūr, Lisān Al-ʿarab, B.5, S.55

[9] Vgl. Sure Al-Infiṭar, 1

[10] الفطرة

[11] Ġawāher Al-Kalām, B.16, S.181

[12] زكاة الفطرة

[13] Die Manifestation der Namen bezieht sich nur auf die „Atrriubte der Taten“ nicht des Wesen Gottes, denn diese sind für jeden unantasbar.

[14] Nahǧ ul-Balaġa, Weisheit Nr.429

 

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